Familienfest mit Hindernissen
Das Duell der Zwillingsbrüder fällt am Freitag im Match der Borussias aus: Darüber ist David Degen, Gladbachs Neuer aus der Schweiz, todunglücklich.
Mönchengladbach. Nein, einen glücklichen Eindruck macht David Degen in diesen Tagen nicht gerade. Borussias Neuzugang ist verletzt, schon seit Wochen plagen ihn Beschwerden an den Adduktoren. Dabei hatte der Schweizer, der aufgrund dieser Verletzung noch kein Bundesligaspiel mitmachen und weder Schnelligkeit noch vorhandene technische Fertigkeiten unter Beweis stellen konnte, einen Masterplan: fit werden für das Spiel gegen Borussia Dortmund (Freitag 20:30Uhr, Borussia-Park), das erste Aufeinandertreffen mit Zwillingsbruder Philipp, der die Stiefel für den BVB schnürt. „Dieses Spiel ist etwas sehr Spezielles für mich, da habe ich drauf hingearbeitet“, so der Offensivspieler, „ich habe noch nie gegen meinen Bruder gespielt.“
Doch das Spiel kommt für Degen, der quälende Wochen auf dem Ergometer und der Massagebank hinter sich hat und seit gestern wieder voll mit der Mannschaft trainiert, zu früh. „Er muss zunächst einmal fit werden“, urteilt sein Trainer Jupp Heynckes, „er hat trotz seiner Probleme trainiert, dadurch ist alles nur noch schlimmer geworden. Wir wollen zwar ehrgeizige Spieler, aber er muss das noch in die richtige Bahn lenken.“
David war zwar 30 Minuten eher auf der Welt, Philipp dafür ein Jahr eher in der Bundesliga und hat sich bereits einen Stammplatz erkämpft. „Wir haben ein Verhältnis zueinander, das inniger nicht sein könnte“, sagt David. „Wir wissen alles voneinander, telefonieren fünf- bis sechsmal täglich.“ Einerseits gibt es dann sicherlich Trost für David, der gerade die erste Verletzung seiner Karriere auskuriert, andererseits werden aber auch Frotzeleien vor dem Aufeinandertreffen der beiden Borussias ausgetauscht. „Aber was soll ich im Moment die Klappe aufreißen, ich sitze ja dann auf der Tribüne“, meint der 23-Jährige geknickt.
Neben ihm nehmen Vater Kurt, ein Onkel und einige Kumpels Platz, die für das Spiel aus der Schweiz anreisen – Mutter Brigitte muss daheim auf den Hund aufpassen. Wir gerne würde er sich zeigen - auch im Hinblick auf die EM 2008, die in seinem Heimatland stattfindet. Bei der WM stand Degen zwar im Kader der Schweiz, zum Einsatz kam er jedoch nicht. „Es wäre toll, zur EM mit Philipp die rechte Seite zu bilden“, erklärt der smarte Offensivspieler sein langfristiges Ziel. Der Wechsel an den Niederrhein sollte Degen in seiner Entwicklung nach vorne bringen – und in absehbarer Zeit auch in den UEFA-CUP.
Dort sorgte er schon in der abgelaufenen Saison mit dem FC Basel für Furore, erzielte vier Tore. Das unglückliche Aus, kam erst im Viertelfinale gegen Middlesbrough. Ein Jahr zuvor feierten die Degens mit dem schweizer Meistertitel ihren größten sportlichen Erfolg gemeinsam. Davon und von aller familiärer Bande will David Degen übermorgen aber nichts mehr wissen: „Wenn das Spiel angepfiffen wird, dann sind wir Feinde. Dann sind mir Gefühle egal.“
Quelle: WZ 20.9.2006