|
 |
|
MENÜ |
|
|
|
|
|
 |
|
Die Degen-Zwillinge Philipp und David: unzertrennlich! |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Die Degen-Zwillinge Philipp und David: unzertrennlich!
„Ihr vergeudet euer Talent, aus euch wird nie etwas!“ Diesen Vorwurf aus Kindeszeiten haben die Zwillinge Philipp und David Degen längst widerlegt.
Beim Besuch von Eurosoccer in Deutschland fahren die beiden 24-Jährigen mit ihrer schärfsten Waffe – ihrer Unbekümmert- und Natürlichkeit – den Konter aus. Spätestens bei der Euro 08 wollen beide alle Kritiker Lügen gestraft haben.
Treffpunkt Flughafen Düsseldorf. David kommt vorerst alleine. Wir fahren in die Innenstadt ins angesagteste In-Lokal „Riva“ beim sogenannten Medienhafen. “Hier trifft man alles, vom Schauspieler über Topmodels bis hin zu TV-Moderatoren und Politikern“, sagt David. Während der 20-minütigen Fahrt klingelt mindestens dreimal das Handy. Bruder Philipp ist dran. Er sei unterwegs, komme auch gleich. Seine Verspätung an diesem Montag habe aber nichts mit Partymüdigkeit zu tun, weil sein Klub Borussia Dortmund zwei Tage zuvor Erzrivale Schalke mit 2:0 den Meistertitel vermasselt habe...
Wenig später sitzt also auch Philipp am Tisch, bestellt, natürlich, wie sein Zwillingsbruder ebenfalls Apfelschorle, Spaghetti mit Parmesan und Trüffeln. Das ist nur eines von unzähligen Beispielen, wie gleich die eineiigen Zwillinge sind. Beide reden gern und geben Antworten für sich, aber auch für den andern, sind unbekümmert, offen, ehrlich, direkt, fröhlich. Sie waren Lausbuben und werden es wohl immer bleiben. „Bei uns und mit uns läuft immer etwas“, kommt es fast wie aus einer einzigen Kehle geschossen. Nur sportlich läufts bei den beiden unterschiedlich. David, der 30 Minuten früher auf die Welt gekommen ist, wurde von Philipp auf der Karriereleiter überholt: Philipp war schneller beim FC Basel, war zuerst in der Nationalmannschaft und schon 2005 in der Bundesliga. David musste den Umweg zum FCB über den FC Aarau machen, landete 2006 zwar auch bei Borussia, aber nicht in Dortmund, sondern in Mönchengladbach. Der Abstieg passte zu seinem Fußballjahr mit vielen Turbulenzen und dem negativen Höhepunkt, dass er kurz vor Saisonende ins Amateurteam degradiert wurde. „Es war das Tüpfelchen auf dem i“, sagt David etwas nachdenklich, aber aufbrausend und beleidigt zugleich. Trainer Jos Luhukay, der während der Saison Jupp Heynckes abgelöst hatte, „passte meine Art nicht. Ich lache halt viel und gern und habe Spaß am Fußball. Und als er im Training wieder einmal das Gefühl hatte, ich nehme die Sache nicht ernst, was überhaupt nicht der Fall gewesen ist, schickte er mich weg.“ Diese „ungerecht behandelt fühlen“ hat die Konsequenz, dass David trotz Vertrag bis 2009 auf Klubsuche ist. Medizinische Tests fanden schon statt. Kontakte gibt es nach England, Spanien und Frankreich. Aber auch Deutschland und die Schweiz, so David, „wären durchaus Optionen, die man prüfen muss“. Dass Gladbachs Manager Christian Ziege an der im Vertrag fixierten Ablösesumme von 2 Millionen Euro festhalten wird, glaubt David nicht so recht. „Ich bin ja unerwünscht.“ David hat im fußballerischen Bereich die gleichen Erfahrungen gemacht wie Philipp in Dortmund. Auch dessen Trainer Bert van Marwijk hatte mit der Degen´schen Art vor allem im ersten Jahr seine Mühe. „Ich habe zwar meist gespielt, aber es war keine einfache Zeit für mich unter van Marwijk“, blickt Philipp zurück und ist froh, dass mit Thomas Doll ein wirklich guter Trainer gekommen sei, mit dem er zuletzt ein „sehr gutes Gespräch“ geführt habe. David ergänzt: „Wahrscheinlich haben holländische Trainer einfach Mühe mit uns.“ Van Marwijk und Luhukay seine ja Freunde und hätten sich wohl gegenseitig Negatives über die Degens erzählt. „Wir sind keine 08/15-Typen, weder auf noch neben dem Rasen. Wir probieren halt mal den Übersteiger, nehmen den Ball hinten rum durch statt ihn mit einem einfachen Pass dem Nächsten zuzuspielen. Wir polarisieren. Entweder man mag uns oder man mag uns nicht. Klar, wir haben gelernt, uns anzupassen. Aber das Zurechtbiegen hat schon seine Grenzen.“ Wie so oft redet der eine nicht nur für sich, sondern auch für den andern und in der Wir-Form. Wie bei der Frage, ob es die beiden Degens auch wieder einmal im Doppelpack beim gleichen Klub geben werde. „Überlegungen in diese Richtung haben stattgefunden.“ Mehr wollen sie nicht verraten. Vor lauter Reden haben die beiden die Hälfte ihrer Spaghettiportion noch auf dem Teller. Und immer wieder klingelt ihr Handy. Auffällig: Dreimal während des Gesprächs piepste es bei beiden gleichzeitig. „ Sorry, wir haben den News-Service von Sport 164 abonniert und wissen so immer über den Schweizer und internationalen Fußball Bescheid“, klingt es beinahe schon entschuldigend. Topaktuell erfahren sie dabei, dass an diesem Montag Murat Yakin und Walter Grüter bei Concordia fristlos entlassen wurden und dass HSV-Söldner Raphael Wicky sich trotz Vertrag einen neuen Verein suchen darf. Weniger überraschend war die Nachricht, dass Alex Frei schon am Dienstag an der Hüfte operiert werden würde. Philipp, der Klubkollege des 16-fachen Saisontorschützen, hat kurz zuvor selber noch mit Alex und auch mit dem Mannschaftsarzt telefoniert. „Nie ohne mein Handy!“ So könnte auch ein Buchtitel über die Zwillinge heißen, deren Bankkontonummern nur durch eine einzige Ziffer differieren. „Zehn- bis fünfzehn Mal pro Tag rufeb wir und schon an“, sagen die beiden und lachen. Wohl eine Untertreibung, wenn man weiss, dass sie oft auch telefonieren, wenn sie sich auch nur zwei Minuten vorher getrennt haben. Entsprechend präsentiert sich die Handyrechnung der beiden: Je rund 600 Euro monatlich. „Aber“, so schränken beide fast gleichzeitig ein, „der größte Teil geht für Roaming-Gebühren drauf, weil wir in der Schweiz doch noch mehr Leute kennen als hier in Deutschland.“ So oft es geht, treffen sich die „Unzertrennlichen“ auch unter der Woche, zwischendurch auch bei Sponsoren-Terminen bei Nike oder als Coca-Cola-Botschafter. „Es sind ja nur etwa neunzig Kilometer“, sagt Philipp. Meist sehen sie sich in Düsseldorf, essen zusammen, gehen ins Kino oder in den Ausgang. Während Philipp in seiner 184 Quadratmeter großen Wohnung in Dortmund kaum Fernsehen schaut – „höchstens mal eine DVD oder ich sitze am PC“ - , Hat sich David in seiner rund 140-Quadratmeterwohnung in Mönchengladbach eine Satellitenschüssel montieren lassen. „Ich will ja wissen, was in der Schweiz läuft.“ Vermissen tut David vor allem seinen bald eineinhalbjährigen Hund, eine tschechisch-slowakische Mischung aus Schäfer- und Wolfshund. „Leider sehe ich ihn viel zu wenig, weil er bei meinen Eltern ist“, erklärt David. „Aber wenn wir uns sehen, ist die Freude riesig. Es ist unglaublich, wie sensibel Tiere sein können. Ares ist wie ich, genau wie ich“, sagt er und schaut dabei Bruder Philipp an – und beide brechen in schallendes Gelächter aus. Dass sie wirklich sensibel sind, können sie glaubhaft vermitteln, „nur zeigen wir es halt nicht so extrem nach außen“, sagt Philipp. Und den Stempel „arrogant“ tolerieren sie schon gar nicht mehr oder nur bedingt. „Wer das behauptet, kennt uns nicht.“ Bedingt akzeptieren sie, dass ihre Art Fußball zu spielen arrogant aussehen kann. „Gegenspieler können sich provoziert fühlen, wenn wir unsere Tricks auspacken. Aber so sind wir halt. Wir wollen auch auf dem Fußballplatz Spaß haben, sonst könnten wir ja aufhören.“ Zwischendurch gibt’s auch „Du-arroganter-Macho“-Momente im Privatleben, dies allerdings eher unverschuldet. Etwa wenn ein Girl auf einen der beiden zustürmt, Küsschen hier, Küsschen da gibt und verärgert fragt: „Warum kennst du mich nicht mehr?“ Wieder brechen beide in schallendes Gelächter aus. Sie seien beide eingefleischte Singles, gehen immer gemeinsam und ohne Frauen in die Ferien, diesmal wird es Ibiza sein. „Philipp hatte noch nie eine richtige Freundin“, antwortet David für seinen Bruder auf die Frage nach Frauen-Beziehungen. „Meine längste Beziehung dauerte wenigstens sechs Monate.“ Inzwischen sind die Spaghetti endgültig kalt geworden, rund einen Viertel lassen beide auf dem Teller liegen. Zwillings-like eben. Wie die Antwort auf die Frage, was sie dem andern nie verzeihen würden: „Nichts“ ,sagen beide. Philipp schätzt an David seine Direktheit, rügt aber, dass er manchmal launisch und vorlaut sei und viel weniger Ordnung habe. Umgekehrt sagt David über Philipp, dass er an ihm „alles mag bis auf seine Perfektheit und das Tüpfli-schisser-gehabe“. David schaut auf die Uhr, verabschiedet sich, weil er zu den Amateuren ins Training muss. Philipp hat frei, klaubt eine Parkbusse unter dem Scheibenwischer seiner 512-PS-BMW-Rakete hervor, fährt mit Eurosoccer zum Kaffee in die berühmte Königsallee mit all ihren Designer-Läden, nicht ohne vorher aber seinen Ordnungs- und Sauberkeits-Fimmel mit der Fahrt durch die Waschanlage zu unterstreichen. Fast müssig zu sagen, dass in dieser Zeit dreimal sein Handy klingelte......
(Mario Casanova)
|
|
|
|
|
|
|
 |
|
Philipp |
|
|
|
|
|
 |
|
David |
|
|
|
|
|