Bruderduell fällt aus
David Degen hatte sich sehr auf Borussias Spiel gegen Dortmund gefreut. Denn beim BVB spielt sein Zwilling Philipp(23). Doch der Gladbacher ist nach einer Adduktoren- Verletzung noch nich fit.
von Karsten Kellermann
Kurt Degen muss sich entscheiden. Für Degen oder Degen, für Borussia oder Borussia. Klingt einfach. Ist aber ein Dilemma. Denn der Vater muss wählen: zwischen David und Philipp, zwischen Gladbach und Dortmund. „Ich weiß nicht, wem er am Freitag die Daumen drückt“, gesteht David, der ältere der beiden Söhne Kurt Degens. 30 Minuten sind es, die er früher zur Welt kam als sein Zwillingsbruder Philipp. Der spielt seit 2005 beim BVB, David heuerte im Sommer 2006 in Gladbach an.
Die Eltern kommen
Vielleicht wird Kurt Degen die Lösung wählen, die sich für einen Schweizer, der er nun mal ist, gebührt, und neutral bleiben beim Aufeinandertreffen der Arbeitgeber seiner Söhne. Allerdings ist es ein Bruderduell der theoretischen Art. Denn David wird nicht mitspielen. Die Adduktoren- Verletzung, die er sich zwei Tage vor dem ersten Saisonspiel gegen Cottbus einhandelte, ist noch nicht ganz auskuriert. „Gerade auf dieses Spiel habe ich mich gefreut. Ich habe alles daran gesetzt, fit zu sein. Aber es wird nichts“, sagt Degen. So wird er oben auf der Tribüne hocken, neben seinem Vater ( Mutter Brigitte versorgt daheim Davids Hund) und im Kreise all der Freunde und Verwandten, die aus der Schweiz anreisen. Verdammt zur Tatenlosigkeit. Für einen wie ihn, der immer unter Strom steht und gar nicht so recht weiß, wohin mit seiner Energie, ist das die Höchsstrafe: „Es ist brutal, da oben zu sitzen“, gesteht der 23- Jährige, der schon bei der WM, bei der er zum Aufgebot der Schweiz gehörte, nur die Ersatzbänke der deutschen Arenen zu spüren bekam, weil er nicht zum Einsatz kam.
In Basel, wo er drei Jahre mit Philipp zusammenspielte, bevor dieser nach Dortmund ging, „war ich nie verletzt“, sagt David Degen. Darum ist es „eine ganz neue Erfahrung für mich, die mir echt Probleme macht“. Die Massagebänke im Reha- Bereich des Borussia- Parks, all die Geräte, an denen er sich künstlich fit hält, „hängen mir zum Hals raus“, gesteht David Degen. Er will Fußball spielen. Immerhin ist er jetzt wieder im Training. Und er hofft, dass er nächste Woche in der Internationalen Nachwuchsrunde mitwirken kann. Und dann vielleicht beim Auswärtsspiel in Bremen zum Kader gehört. „Ich weiß, dass ich der Mannschaft Impulse geben kann, wenn ich fit bin“, versichert er.
Morgen kann er seine Gladbacher Kollegen wieder nur moralisch unterstützen. Das aber mit aller Vehemenz. „Mir ist egal, wenn Philipp mal umgesäbelt wird. Und auch, wenn wir gewinnen, weil er ein Eigentor schießt. Hauptsache, wir haben die Punkte“, sagt David. Für die 90 Minuten des Borussen- Duells wird er die „intensive Beziehung“, die er zu seinem Zwilling hat, unterdrücken. Dann hat er nur die Raute seines Brötchengebers im Herzen. Der übrigens auch mal an Philipp interessiert war, doch der BVB bekam den Zuschlag für den defensiven Degen, der rechts spielt. David spielt im rechten Mittelfeld- wenn er fit ist.
„Es gab vor dem Spiel natürlich einige verbale Giftpfeile, auch von Alex Frei, der ja ebenfalls in Dortmund ist. Und der Verlierer wird sich einige Sprüche anhören müssen“, weiß David. „Das Schönste wäre natürlich, irgendwann wieder mit Philipp zusammen zu spielen“, sagt er. Nicht nur in der Nationalmannschaft, sondern auch bei einem Verein. Das würde auch Kurt Degen das Leben etwas leichter machen.
Quelle: Rheinische Post