Mönchengladbach. Die Marketing-Abteilung hatte sich für das Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg etwas einfallen lassen. Wohl, um eine komplett leere Südtribüne zu vermeiden – erfahrungsgemäß bringen die Niedersachsen nicht viele Fans mit zu Auswärtsspielen – wurde das vierte Heimspiel der Saison kurzerhand zum Familientag auserkoren, es gab vergünstigte Tickets für Familien. Es schien, als hätte sich der Geist des „Jünter-Tages“ – Familienfest mit dem Maskottchen der Borussia – auch auf Jupp Heynckes übertragen. In Tobias Levels (19) und Marvin Compper (21) standen zwei Nachwuchskicker in der Anfangself, zudem wurden mit Nando Rafael (22), Robert Fleßers (19) und David Degen (23) auch nicht gerade alte Hasen eingewechselt.
„Manche von denen könnten meine Kinder sein“, sagte Kasey Keller (36) schmunzelnd. Der Torwart und Innenverteidiger Zé Antonio (29) seien laut Robert Fleßers zum Schluss „die einzigen alten Säcke auf dem Feld“ gewesen. Ganz unbeschwert hat die Mannschaft die plötzliche Verjüngung anfangs nicht verdaut, bis zum glücklichen und zu diesem Zeitpunkt unverdienten Ausgleichstor war die Unsicherheit der Fohlen bis unters Tribünendach spürbar. „Das ist normal, wenn eine so junge und nicht eingespielte Mannschaft das erste Mal auf dem Feld steht“, meinte Peer Kluge.
„Es kann ja nicht
alles klappen“
Und Tobias Levels gab nach seinem hoffnungsvollen ersten Bundesligaspiel über 90 Minuten zu: „Das war eine ganz schöne Umstellung für mich. Ich habe ja auch einige Minuten gebraucht, um reinzukommen.“
Seine eigene Leistung bewertete der kompromisslose Manndecker realistisch: „Für mein zweites Bundesligaspiel lief es doch ganz gut, es kann nicht alles klappen.“ Während Levels über 90 Minuten einen grundsoliden Eindruck machte, war Marvin Compper mit seiner eigenen Leistung nicht ganz so zufrieden: „Ich war am Anfang ziemlich nervös, eigentlich passt das gar nicht zu mir. Nach der holprigen ersten halben Stunde denke ich aber, dass ich meinen Job mit Abstrichen erfüllt habe.“ Keller gab den beiden vor dem Spiel noch etwas mit: „Unser Job hinten ist es, den Ball außerhalb des eigenen Tores zu halten. Bringt euch nicht selbst in gefährliche Situationen.“ Nach dem Spiel gab es verbales Schulterklopfen: „Die beiden haben es sehr gut gemacht.“
In der zweiten Hälfte hatte Borussia wenig Mühe, das Spiel zu kontrollieren. Mit Ausnahme eines Kopfballs von Mike Hanke – die einzige Situation, in der Levels größere Probleme mit dem Nationalstürmer hatte – ließ die junge Defensive nichts zu.
Zum Schluss hat ihnen aber ein Schweizer die Show gestohlen: David Degen wurde in der 80. Minute eingewechselt und machte drei Minuten später mit dem 3:1 sein erstes Tor für Borussia – im ersten Spiel für den neuen Verein.
„Die Brustannahme und der Volley-Abschluss waren sogar meine ersten Bundesliga-Ballkontakte“, strahlte Degen. „Ich bin nicht gekommen, um mich hier auszuruhen. Ich will Tore und Assists machen und die Mannschaft weiterbringen.“ Sei Wochen betont Heynckes, dass sein Schützling vor Ehrgeiz brenne und ungeduldig auf seinen ersten Einsatz warte. Am Samstag hat er ihn von der Kette gelassen – nicht nur zur Freude der Familientribüne…
Quelle: WZ