04.07.2006 16:13
Der Fußball als zentraler Unterhaltungsfaktor
Dortmund ist gewiss attraktiver als der Ruf der ehemaligen Industrie-Metropole im mittleren Westen Deutschlands vermuten lässt. Philipp Degen ist aber nicht entgangen, dass die von Flüssen und sanften Ausläufern des Ardeygebirges umgebene Stadt wirtschaftlich gleichwohl zu kämpfen hat.
Auf der Suche nach einer Altstadt im klassischen Sinne wird der WM-Tourist nicht fündig. 98 Prozent der innerstädtischen Besiedlungsflächen wurden im Zweiten Weltkrieg komplett zerstört. Von jenen schweren Schlägen hat sich die Region indes längst erholt, auch den Niedergang der Kohleförderung und der Stahlindustrie verkraftete die Hansestadt nur bedingt - über 17 Prozent der gegen 590 000 Einwohner sind ohne Stelle.
100-prozentige Identifikation
Angesichts dieser trostlosen Zahlen spielt der lokale und internationale Wirtschaftsfaktor Fussball gleichsam eine nicht zu unterschätzende Unterhaltungsrolle. «Für sehr viele Menschen hier bedeutet der BVB (Borussia Dortmund) alles. Sie identifizieren sich zu 100 Prozent mit dem Klub. Ein Abstieg wäre für die wirtschaftlich hart geprüfte Region einem Zusammenbruch gleichgekommen», hat Philipp Degen festgestellt. Seit dem letzten Sommer verteidigt der Schweizer Internationale beim ersten deutschen Champions-League-Sieger (1997) auf der rechten Seite.
Weit entfernt vom südländischen Fanatismus
Die Resultate des populären Klubs bestimmen den Puls der Stadt mit. Bei Erfolgen herrscht in den Strassen Ausgelassenheit. Den anderen Fall hat Degen mehr erlebt, als ihm lieb sein konnte: «Verlieren wir, merkt man das sofort. Die Leute sind verstimmt.» Und doch: Vom südländischen Fanatismus sind die Anhänger der Gelb- Schwarzen erfreulich weit entfernt. Degen kann sich selbst im Zentrum frei bewegen. «Natürlich werde ich angesprochen. Die Art der Leute hier empfinde ich als offen, nie aber waren sie aufdringlich.»
Erfolgreiche Stadtverschönerung
In Dortmund, gemäss den spätmittelalterlichen Chronisten eine Wortschöpfung aus «Dorp» (für Dorf) und «Munda» (Burg), löst das satte Grün auch ausserhalb der modernen Westfalen-Arena Glücksgefühle aus. Die Stadtplaner verschönerten das Bild mit zahlreichen Pflanzen- und Baumpassagen. «Ich war positiv überrascht von den zahlreichen Grünflächen», freut sich Degen über seine temporäre Wahl-Heimat. Es passe ihm sehr, dass «die Stadt nicht riesig ist und alles Zentrale rasch erreicht werden kann». (si)
Quelle: BVB